Eine Stunde vor, ein ganzes Jahr zurück

Eine Stunde vor, ein ganzes Jahr zurück

Es ist nach 10.00 Uhr. Wir stehen in Cocles am Straßenrand und warten auf den Bus nach Puerto Viejo. Pita hat uns wieder begleitet und wartet mit uns. Als der Bus stehen bleibt und wir einsteigen vergesse ich mich ein letztes Mal von ihr zu verabschieden. Ich hoffe sie ist gleich nach Hause gelaufen ohne sich wieder mit vorbeifahrenden Autos anzulegen.

Nach weniger als 15 Minuten sind wir in Puerto Viejo. Wir steigen aus und setzen uns in ein Holzhäuschen am Straßenrand. Der junge Mann nickt als Felix fragt, ob hier der Bus nach Sixaola wegfährt. Ich gehe gegenüber aufs Klo. Als Felix ebenfalls geht, fragt mich einer der Wartenden wo wir hin wollen? Anfänglich verstehe ich kein Wort. War das jetzt Spanisch oder Englisch, frage ich mich. Die drei anderen Wartenden – oder ruhen sie sich nur aus? – stimmen in die Konversation mit ein. Sie sagen, dass wir falsch sind und erklären im typischen für uns unverständlichen Karibik Englisch-Spanisch den Weg zur richtigen Haltestelle.

Nach ein paar Gehminuten sind wir jetzt scheinbar bei der richtigen Haltestelle. Hier warten mehr Leute und auch einige Touristen. Der erste Bus fährt nach San José. Die Information, dass jede halbe Stunde ein Bus nach Sixaola fährt haben wir falsch verstanden. Nur jede Stunde, jeweils um halb ist richtig. Dass man vorm Einsteigen ein Busticket kaufen muss haben wir auch nicht gewusst. Felix läuft mit all seinem Gepäck zur Lotterie die gleichzeitig als Ticketverkauf dient. Ich versuche den Bus aufzuhalten und bitte den Fahrer um 5 Minuten. Er ist freundlich und wartet. Geschafft. Verschwitzt aber erleichtert setzen wir uns in die letzte Reihe. Während der Fahrt steigen Menschen ein und zahlen direkt beim Fahrer. Wahrscheinlich hätten wir also doch kein Ticket vorher kaufen müssen …

Erster Halt ist das Dorf Bri Bri. Beinahe alle Fahrgäste steigen hier aus, sodass wir auf der Weiterfahrt bis auf einen weiteren Mann alleine im Bus sitzen. Auf dem Weg nach Sixaola ist die vorbeiziehende Landschaft wunderschön. Viel grünes, unberührtes Land. Zwischendurch versteckt zwischen Pflanzen ein paar kleine Häuschen.

Am Weg nach Sixaola
Am Weg nach Sixaola

Der Architektur sind hier keine Grenzen gesetzt, jedes Haus wirkt einzigartig. Mir gefällt das sehr gut. Knapp vor der Grenze zu Panama fahren wir an Bananenplantagen vorbei. Es ist gar nicht auszumachen wie groß diese insgesamt sind. Chiquita steht auf einem der langen, offenen Häuser, in dem unzählige Bananenstaude von der Decke hängen.

Bananen, Bananen und noch mehr Bananen
Bananen, Bananen und noch mehr Bananen

Da kommen also unsere Bananen her! Gleich nach den Bananenplantagen folgen auf der einen Straßenseite Häuser die alle weiß/blau gestrichen sind. Auf der anderen Seite sind sie alle weiß/grün gestrichen. Wir nennen das die Chiquita Bananen Stadt, eigentlich heißt die Gegend aber Daytonia, wie wir auf einem Buswartehüttchen lesen.

Bananendorf
Bananendorf

An der Grenze ankommen, erklärt uns ein junger Mann zweisprachig (Englisch und Spanisch), wie der Grenzübergang nach Panama funktioniert. Bei einem Schalter zahlen wir für die Ausreise, kurz vor der Grenzbrücke, füllen wir ein Migrationsformular aus und bekommen den Ausreisestempel. Dem jungen Mann gebe wir einige übrig gebliebene Colones Münzen, bedanken und verabschieden uns.

Nur noch über die Brücke dann ist’s geschafft. Panama ist zum greifen nah! Es gibt zwei Brücken die an diesem Grenzübergang nach Panama oder von der anderen Seite aus nach Costa Rica führen. Eine der beiden wirkt sehr alt. Eng, der Boden aus Holz, brüchig und mit Moos überwachsen. Wir nehmen die neue Brücke zum Überqueren des Flusses der gleichzeitig die Grenze ist. Wir sind aufgeregt und freuen uns.

Adios, Costa Rica
Adios, Costa Rica

Zeit ist relativ! Wir gehen wahrscheinlich 5 Minuten über die Brücke von Costa Rica nach Panama. Als wir losgehen ist es ca. 12.00 Uhr Mittag, als wir in Panama ankommen ist es schon 13.05 Uhr! Uns ist bewusst, dass es nur an der Zeitverschiebung liegt, dennoch fühlt es sich seltsam an!

Unsere ersten Schritte in Panama führen uns zu einem versteckten, kleinen Häuschen nach der Brücke. Eine nette Dame gibt uns einen Zettel in der Größe einer Briefmarke. Ich habe keine Ahnung was das ist, gehört aber scheinbar zur Einreise Prozedur. “ENTRADA” mit Datumsstempel steht drauf. Jetzt gehen wir zum Einreiseschalter, der eine Treppe hinunter auf eine große Straße, paar Gehminuten entfernt liegt. Warum diese beiden Schalter nicht nebeneinander liegen, ist uns ein Rätsel. Bei den zwei Ausreiseschaltern stehen viele Menschen in einer Schlange. Es ist nur einer der beiden Einreiseschalter besetzt. Wir sind scheinbar die einzigen die gerade nach Panama kommen.

Felix gibt dem junge Grenzbeamten, der hinter einer Glaswand sitzt seinen Reisepass. Nach der Bitte um ein Ausreise-/Weiterreise Ticket zückt Felix sein Handy und zeigt dem Beamten unseren Weiterflug von San José, Costa Rica nach Managua, Nicaragua in einem Monat. Der Beamte ist nicht zufrieden und meint dass dieses Ticket nicht ausreicht. Wir sind verwirrt. Nach langem hin und her, erläutern unserer Reiseroute und diskutieren fragt er was unser Heimatland ist, obwohl das eh in unserem Pass steht. “Austria” sagen wir. “Eben! Ihr habt zwei Möglichkeiten, ihr kauft jetzt ein Ticket in eurer Heimatland oder geht zurück nach Costa Rica.” sagt er in unfreundlichem, ungeduldigen Ton, als hätte er heute noch viel zu tun. “Spricht hier irgendjemand Englisch!” ruft Felix mit vorwurfsvollem Unterton, in den Schalter. Natürlich haben wir jedes spanische Wort des unfreundlichen Beamten verstanden. Wir haben auch brav auf Spanisch geantwortet und erklärt. Der Geduldsfaden ist mittlerweile aber auf beiden Seiten gerissen also ist es einen Versuch wert sich dumm zu stellen oder zumindest den jungen Mann dumm aussehen zu lassen. Nicht die freundlichste Art, ich weiß! Ein anderer Beamter kommt hinzu und erklärt alles erneut, jetzt allerdings auf Englisch. Er fragt wie es nach Nicaragua weitergeht? “Wir fliegen nach Cancun, Mexiko und von dort aus nach Hause. Das Heimreise Ticket haben wir aber (jetzt gerade) nicht.” Den Flug nach Mexiko will er sehen. Plötzlich, wir haben keine Ahnung warum, steht der Einreise nichts mehr im Wege. Mexiko ist also weit genug weg oder wie? Fingerabdrücke werden genommen, ein Foto wird gemacht. Ich würde dieses Foto nur zu gerne sehen. Es zeigt uns mit Sicherheit von unserer besten Seite. Zum Schluss einen Einreisestempel in den Pass auf dem der Tag und das Monat zwar korrekt, das Jahr allerdings 2015 ist. Auch schon wurscht, wir haben ja diese “Einreisebriefmarke” auf der das korrekte Jahr steht. Eine Stunde vor, ein ganzes Jahr zurück. Zeit ist eben relativ.

Das hin und wieder ein Aus- bzw. Weiterreisebeweis erbracht werden muss wissen wir. Über ein Ticket ins Heimatland haben wir allerdings nicht gelesen. Selbst auf der Seite des Außenministeriums steht nur Ausreise-/Weiterreise Ticket aber nichts von zurück ins Heimatland! Es ist ein ganz eigenes, unschönes fast unbeschreibliches Gefühl, es bis an eine Grenze zu schaffen und beinahe umkehren zu müssen! Und das wo wir Costa Rica schon offiziell verlassen und in Panama bereits die Einreisegebühr bezahlt haben. Costa Rica ist schön, also wäre es kein Weltuntergang gewesen zurück zu gehen. Ich möchte mir aber nicht ausmalen wie es ist, wenn das Land hinter einem nicht schön ist oder man nach der Ausreise auf beiden Seiten abgewiesen wird. Gibt einem jedenfalls zu denken! Vor allem in Zeiten wie diesen.

Wir bedanken uns trotzdem und betreten mit gemischten Gefühlen nun offiziell panamaischen Boden.

Egal wo man auf dieser Welt ankommt, Taxifahrer warten immer auf einen. Wir werden natürlich sofort angequatscht. Eigentlich wollten wir den öffentlichen Bus nehmen. Hätten einmal umsteigen müssen. Entscheiden uns nach den Komplikationen der vergangenen Momente nun aber doch spontan für das Shared Taxi.

Mit Vollgas brausen wir los in Richtung Almirante, der kleinen Hafenstadt die als Tor zum Bocas del Toro Archipel gilt. Die Lautsprecher des Mini Van müssen kurz vorm zerbersten sein als sie während der Fahrt in voller Lautstärker eine Art spanischen Gangster-Rap-Elektro-Mischmasch in der Gegend verteilen. Der Fahrer liefert mit seiner tiefen Stimme zusätzliche Bass Nuancen die die kleinen Autoboxen wohl nicht wiedergeben könnten.

In Almirante angekommen kaufen wir uns sofort ein Two-Way Ticket für das Boot zur Isla Colon und retour. Das Retourticket können wir jederzeit einlösen und so kommt es ein bisschen billiger. Eine dreiviertel Stunde Bootsfahrt und eine 2 USD Taxifahrt später sind wir auch schon in Saigon (kein Tippfehler), bei unserer vorgebuchten Unterkunft.

Almirante
Almirante

Mit den Rädern die im Preis der Unterkunft inkludiert sind fahren wir am späten Abend noch zur Hauptstrasse. Es gibt hier tatsächlich ein indisches Restaurant. Das können wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Zusätzlich haben wir in Costa Rica nur ein einziges Mal (am Ankunftstag) auswärts gegessen. Wir sitzen auf einem Steg über dem Wasser. Die Aussicht ist schön und das Essen schmeckt wunderbar.

Der erste Eindruck von der Hauptinsel ist leider kein besonders Guter! Eigentlich ist’s hier schön aber es ist sehr schmutzig. Das Meerwasser so, dass man eigentlich keine Lust hat darin zu schwimmen, auf den Straßen liegt der Mist. Man bekommt das Gefühl die Gegend wurde aufgegeben.

Unsere Unterkunft ist dafür, wenn auch nicht in der Nähe vom Zentrum und mitten in einer Wohnsiedlung, sehr authentisch und lieblich. Eigentlich ein zwei Zimmer Apartment mit Gemeinschaftsküche. Da momentan keine anderen Gäste hier sind haben wir das kleine Häuschen aber für uns alleine.

An diesem ersten Tag in Panama gehen wir bisschen enttäuscht schlafen. Es kann also nur besser werden, hoffen wir zumindest.

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.